Rom, 24. April 2015 (ZENIT.org) Redaktion

Papst Franziskus verwies kürzlich auf einen ehemaligen, aber heute vergessenen Besteller, dessen Lektüre erstaunliche „Déjà-vu"-Erlebnisse bescheren würde. Es handelt sich um den vor einem Jahrhundert geschriebenen Science-Fiction-Roman „Der Herr der Welt“ von Robert Hugh Benson. Die Buchempfehlung gab er den mitreisenden Journalisten auf dem Rückflug aus Asien. Der Zukunftsroman illustriere entscheidende Tendenzen der modernen Nachkriegsgesellschaft!

Als der konvertierte Priester, Sohn des anglikanischen Erzbischofs von Canterbury, im Jahr 1907 den Roman veröffentlichte, war dieser eine wahre Sensation. Er gilt als wichtiger Vorläufer der großen dystopischen Literaturwerke des 20. Jahrhunderts wie zum Beispiel Aldous Huxleys „Brave New World“.

Der britische Geistliche hat die damaligen gesellschaftlichen Veränderungen, den Beginn des Technologiezeitalters, die Zurückdrängung des kirchlichen Einflusses durch den freiheitlich propagierten Laienstaat, in einer düsteren Vision der Zukunft Europas verarbeitet.

Die Handlung ist in das Jahr 2000 versetzt. Der Tag des Jüngsten Gerichts ist gekommen. Um ein technologisch begründetes Paradies auf Erden zu errichten, lenkt der „Apostat“ in Gestalt des Weltherrschers Julian Felsenburgh seine Luftstreitmacht gegen das kleine Dorf Armageddon, das als Symbol für den Glauben steht. Dort hat sich der Papst zusammen mit den letzten Christen verschanzt, die als „antihumanistisch“ verfolgt werden.

Aufschlussreich ist, dass Felsenburgh die Gesamtherrschaft auf demokratischem Weg übertragen wird, nachdem es ihm nämlich gelingt, den Weltfrieden wiederherzustellen. Unter Ausschöpfung fantastischer Kommunikationstechnologien formt er sich eine leicht zu manipulierende Massengesellschaft, die einer neuen „Religion des Humanismus“ huldigt. Diese Religion, die jedoch nicht vor Gewalt gegenüber einer christlichen Minderheit und der Zerstörung Roms zurückschreckt, versteht sich in erster Linie als glaubensfern, als atheistisch. Übertragen in die Moderne kann sie auch als eine Art Diktatur des Relativismus verstanden werden.

Der spannende Science-Fiction-Klassiker versetzt gerade heute den Leser in Staunen und beschert ihm eine Gänsehaut. In zahlreichen Passagen wird dieser an die sich kurze Zeit später ereignenden blutigen Weltkriege, an die Diktaturen der Nazis und des Kommunismus erinnert – Ereignisse, von denen der Autor natürlich noch nichts wissen konnte. Der Roman liest sich wie eine böse Prophezeiung des 20. Jahrhunderts. Aber es geht über diese historischen Ereignisse hinaus, die die Epoche bis zum Mauerfall geprägt haben, und deutet die jüngsten gesellschaftlichen Tendenzen des 3. Jahrtausends an: Die richtungslose Suche nach neuen Werten nach dem Sieg des westlichen Kapitalismus über seine Gegner. Möglicherweise sieht Papst Franziskus in der „endzeitlichen Bedrohung der Kirche“ des Romans eine Parallele in der heutigen Verdrängung von Religion aus dem Alltag, der Zurückstufung des Christentums auf die Ebene einer Weltanschauung und in der Weigerung der Europäischen Union, die christlichen Wurzeln des Kontinents, die schließlich zum Teil universell sind, in ihre proklamierte Identität aufzunehmen und an kommende Generationen weiterzuvermitteln.

Robert Hugh Benson, geboren 1871, gehörte zunächst der anglikanischen Kirche an. Nach seiner Konversion zum katholischen Glauben studierte er Theologie und wurde 1904 in Rom zum Priester geweiht. Papst Pius X. ernannte ihn 1911 zum Päpstlichen Geheimkämmerer und Päpstlichen Ehrenkaplan. Er starb im Alter von 42 Jahren am 19. Oktober 1914.